Für Gutachter, Sachverständige, IngenieureWas für Haftungsszenarien gibt es?Um die Haftung für einen Schaden herzuleiten, ist zuerst einmal die Frage zu klären, welche Leistungen der Architekt/Ingenieur/ SV/ Gutachter schuldet. Grundlage ist zunächst immer der konkrete Vertrag. Regelungen speziell zum Architekten- und Ingenieurrecht enthält das Bürgerliche Gesetzbuch nicht. Lediglich in einer Vorschrift des BGB, § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB, findet sich ein Hinweis darauf, dass bei „Planungs- oder Überwachungsleistungen für Bauwerke“ die Verjährungsvorschriften des Werkvertragsrechts gelten sollen. Es gibt jedoch auch eine Vielzahl von Leistungen, die im Gegensatz zu „greifbaren“ Leistungen wie zum Beispiel Baupläne, Bautagebücher, Kostenberechnungen etc. eher Dienstleistungscharakter tragen. So z.B. die Bauüberwachung, die Beratung sowie die Aufklärung und Information des Bauherrn über alle Fragen, die im Zusammenhang mit dem Bauprojekt stehen. Hier können unter Umständen Regelungen des Dienstvertragsrechts Anwendung finden. |
Bauingenieur
Der Bauingenieur wurde mit der Planung eines Geschäftskomplexes beauftragt. Bei der Auftragsplanung wurde für die Abfahrt in die Tiefgarage im Kurvenbereich ein zu enger Radius gewählt. Dieser Fehler wurde festgestellt, als die Rohbauarbeiten bereits abgeschlossen waren. Es musste deshalb eine Verbreiterung der Garagenabfahrt außerhalb des Gebäudes errichtet werden. Schadenhöhe € 130.000.
Wie konnte die Versicherung helfen?
Der Versicherungsnehmer wandte zunächst ein, die fehlerhafte Ausführung habe dem Statiker und auch dem ausführenden Unternehmer auffallen müssen. Mit diesen Argumenten konnte er jedoch nicht durchdringen, da er gleichwohl mit seiner fehlerhaften Planung der Verursacher des Schadens blieb. Auch sein Hinweis, es habe ja nicht ausreichend Platz zur Verfügung gestanden, war unbeachtlich. In diesem Fall wäre es Aufgabe des Architekten gewesen, den Bauherrn eindringlich auf die Problematik hinzuweisen und nach alternativen Lösungen zu suchen. Die Erwerber drohten schließlich mit der Rückabwicklung der Kaufverträge und es war ein erheblicher Schaden zu befürchten. Die Versicherung konnte schließlich in Verhandlungen mit den Eigentümern erreichen, dass zwei von Ihnen gegen eine Abfindung sowie die Errichtung eines Stellplatzes außen vor dem Gebäude auf ihren Tiefgaragenstellplatz verzichteten. Damit war der Weg frei für den Abbruch einer Wand in der Tiefgarage und die Abfangung mit einer zusätzlichen Stütze, um so die erforderliche Fahrbahngassenbreite zu erreichen. Damit konnte die Tiefgaragenzufahrt von den übrigen Tiefgaragennutzern problemlos befahren und die verbliebenen Tiefgaragenstellplätze genutzt werden.
Statiker/ Tragwerksplaner
Der Statiker/ Tragwerksplaner plante für eine Baugesellschaft die Konstruktion einer Betondecke für eine Sporthalle. Drei Jahre nach Inbetriebnahme der Halle brach die Decke zusammen, wobei 2 Menschen ums Leben kamen und die Halle vollständig zerstört wurde. Der Versicherungsnehmer wird mit der Begründung in Anspruch genommen, daß er die Deckenkonstruktion fehlerhaft geplant hätte. Die Höhe der Ersatzforderungen betrugen € 1,6 Mio.
Ingenieur für Akustik und Schallschutz
Der Ingenieur für Akustik und Schallschutz war beauftragt, die Akustik einer Konzerthalle zu planen. Er berücksichtigte dabei nicht, daß eine etwa 1 Jahr nach Fertigstellung der Konzerthalle in Betrieb genommene U-Bahn-Linie nur etwa 150 Meter neben dem Fundament vorbeiführt. Auf Grund der durch den Betrieb der U-Bahn hervorgerufenen Erschütterungen sowie Geräusche sind erhebliche Dämmarbeiten an der Konzerthalle erforderlich. Die Schadenhöhe betrug € 280.000.
Gutachter für Gebäudeschäden- und bewertung
Ein Gutachter für Gebäudeschäden und Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken hat im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens ein Wertermittlungsgutachten für ein zu versteigerndes Wohnhaus erstellt. Der Bieter, der das Objekt schließlich ersteigert hat, machte anschließend Schadensersatzansprüche gegen den Gutachter geltend, weil das Gutachten aus dem Zwangsversteigerungsverfahren fehlerhaft sei.
Insbesondere habe sich aus dem Gutachten nicht ergeben, dass die Stellplatzzufahrt für das ersteigerte Grundstück nur über ein Nachbargrundstück möglich ist und dass ein eigener Entwässerungsanschluss des Grundstücks an den öffentlichen Kanal fehlt. Der Bieter hat schließlich Klage gegen den Gutachter erhoben und 25.000 € zzgl. noch festzustellender weiterer Schäden geltend gemacht.
Wie konnte die Versicherung helfen?
Der Versicherer des Gutachters nahm das gerichtliche Verfahren auf und schaltete einen Rechtsanwalt zur Verteidigung gegen die Klage ein. Schließlich konnte bei Gericht ein Vergleich abgeschlossen werden, wonach € 7.000 an den Bieter gezahlt wurden. Die Verfahrenskosten und der Vergleichsbetrag abzüglich Selbstbeteiligung wurden vom Versicherer übernommen.
Bausachverständiger
Ein Bausachverständiger attestiert in einem Gutachten einen Holzwurmbefall. Die eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen sind aber nicht erfolgreich. Es stellt sich heraus, daß die eigentliche Ursache ein Hausschwammbefall ist.
Wie konnte die Versicherung helfen?
Die vergeblichen Sanierungskosten werden zurückgefordert und von der Versicherung übernommen.
Kirsten Sieg
Quellen: AIA-Schadenbeispiele; VEMA-Newsletter KW 12/2016- Architekten und Ingenieure-